Das Kraftwerk der Gefühle &
Finsterlinge singen Baß

Angenommen, ein Beobachter, der im Jahre 6000 lebt, macht sich Gedanken über unsere Zeit, z. B. die von 1607–2008 (das wäre die Zeit der Operngeschichte). Heiner Müller behauptet, dass ein solcher Beobachter (ähnlich wie ein außerirdischer Besucher) die Musik und nicht irgendwelche Schlösser und Bauten für das Wesentliche und Besondere hielte. Wie aber sieht die Musik als antike Ruine aus? Bedeutende Musik zeichnet sich darin aus, dass sie jede Robustheit bei der Aufführung verträgt. Solange ihre Struktur erhalten bleibt, selbst als Skelett, behält sie ihre Qualität. Kenner der Operngeschichte behaupten: es gibt insgesamt 80.000 Opern. Und alle Opern gemeinsam bilden eine einzige Partitur, die wie ein Zerrspiegel die letzten 400 Jahre der modernen Gesellschaft begleitet. Die frühsten Opern und die neuesten gewinnen aus Gegenseitigkeit Kraft, wenn man sie unmittelbar konfrontiert. Als gäbe es dazwischen keinen Zeitverlauf.

Die Filme

Richard Wagner und das Ruinengesetz der Musik - Mit Pierre Boulez, Michael Gielen, Peter Konwitschny - Premiere: 1990–2007, dctp auf RTL und SAT 1 - Angenommen, ein Beobachter, der im Jahr 6000 lebt macht sich Gedanken über unsere Zeit, z. B. die von 1607 bis 2008 (das wäre die Zeit der Operngeschichte), dann würde ein solcher Beobachter, behauptet Heiner Müller, nicht irgendwelche Schlösser und Bauten für das Wesentliche und Besondere halten, sondern die Musik. Aber wie sieht die Musik als antike Ruine aus? Der Dirigent und Komponist Pierre Boulez sagt, dass bedeutende Musik sich darin auszeichnet, dass sie selbst als Skelett ihre Qualitäten behält. Der Komponist Luigi Nono lehrt uns, dass man die filmischen Methoden, also Großaufnahme, Totale, Montage usw. auch auf Musikaufnahmen anwenden soll. So zeigt man Fragmentierungen, sagt er, die die besondere Qualität z. B. von Richard Wagner, kenntlich machen. Mit Richard Wagners Götterdämmerung (hinter der Bühne), Walküre, Siegfried, Der fliegende Holländer, Die Meistersinger von Nürnberg.

„80.000 Opern!“ - Mit Robert Schulz, August Everding, Beate Mainka-Jellinghaus, Joachim Kaiser, Lothar Zagrosek, Annette Elster, Alexander Kluge - Premiere: 1994–2007, dctp auf RTL und SAT 1 - Alle Opern gemeinsam (und davon gibt es in der Operngeschichte insgesamt 80.000) bilden eine einzige Partitur. Wie ein Spiegel begleiten sie die vergangenen 400 Jahre der heutigen Gesellschaft. Die modernsten Opern antworten dabei am stärksten auf die frühsten. Als gäbe es keinen Zeitverlauf. Mit Ausschnitten aus Orfeo und Die Hochzeit der Poppea (Monteverdi) und aus Opern von Luigi Nono, Wolfgang Rihm und Helmut Lachenmann.

„Wovon man nicht sprechen kann, davon muß man singen!“ - Mit Lothar Zagrosek, Catherine Naglestad, Hans Neuenfels, Julia Schölzel. Sylvia Ackermann - Premiere: 1998–2006, dctp auf RTL und SAT 1 - Mozarts Entführung aus dem Serail: Warum spricht ein Mensch, warum kann er nicht singen? Er hat die Sehnsucht danach zu singen. Gesang entsteht meistens aus der Hilflosigkeit der Sprache. Ferdinand Raimunds Zauberspiele Der Alpenkönig und der Menschenfeind und Die gefesselte Phantasie. „Denn alles Glück, man glaubt es nie, am End’ ist’s doch nur Phantasie“. Mozarts La Clemenza di Tito: Servilla und Annius zünden ihrer Liebe eine Kerze an. Aus Mozarts letzter Oper Die Zauberflöte: "Die Strahlen der Sonne vertreiben die Nacht, vernichten der Heuchler erschlichene Macht."

Der Opern-Arzt - Mit Josef Schlömicher-Thier - Premiere: 7.1.2007, dctp auf SAT 1 - Dr. med. Josef Schlömicher-Thier ist Hals-Nasen-Ohrenarzt der Salzburger Festspiele. Sein besonderes Interesse gilt dem Wunderwerk der menschlichen Stimme, das in der Opernwelt die Höhepunkte bewirkt. Was sind die Gefahren für die Stimme, die der Arzt bekämpft? Worin liegen die charakteristischen Merkmale, die eine Stimme genial machen?

Der Kunst weiht’ ich mein Leben - Mit Peter Berling Premiere: 30.4.2007, dctp auf RTL - Opernstars stehen unter gewaltigem Konkurrenzdruck. Es ist deshalb nicht ungewöhnlich, dass einige der besten unter ihnen ihre Performance durch geheimes Doping zu verbessern suchen. Im Gegensatz zum Spitzensport bleibt dies ohne Strafe. Der berühmte Bariton Edouard de Scaramberg packt aus.

Das Phänomen der Oper - Mit Christoph Schlingensief, Will Hartmann, Karine Babajanian - Premiere: Erstveröffentlichung (1998–2007) - Ein Sarg, Hexen in Macbeth, Othello im Zeitraffer, Reichskanzler Hitler als Opernfan. F wie Fidelio, C wie Carmen, S wie Souffleuse, P wie Prompter, H wie Maschinist Hopkins, die einzige Oper, die von der Industriewelt handelt, J wie Die Jüdin, Jacques Fromental Halévys Oper über religiösen Fanatismus und Rassismus. Wofür braucht man einen imaginären Opernführer? Man kann ruhig schlafen, ist im Ohr nicht gefoltert, weil man die Vernetzung weiß und alle Opern einmal abgelegt hat, sagt Alexander Kluge im Gespräch mit Christoph Schlingensief.

Sopran gegen Bass - Mit Jewgenij Samoilov, Anatoli Ponomarjov, Jana Ivanilova, Rupert Dussmann, Michael Gielen, Anthony Michaels-Moore, Frank Porretta, Reinhard Hagen, Richard Leech, Gabriel Sadé, Robert Hale, Jean-Luc Chaignaud, Peter Konwitschny, Catherine Naglestad, Vladimir Kuzmenko, Raimo Laukka, Peter Mussbach, Rolando Villazon, Christine Schäfer, Roland Bracht, Attila Jun, Roland Klutig, Peter Berling, Aik Martirossian, Igor Morosow, Götz Friedrich, Georgina Lukács, Lado Ataneli, Katja Pieweck, Viktor Lutsiuk, Sylvie Valayre, Tichina Vaughn, Ana Felicia Filip, Vinson Cole - Premiere: Erstveröffentlichung (1992–2007) - 12 x Verdi im Kontext. Szenen aus Nabucco (1842), I due Foscari (1844), Macbeth (1947), Luisa Miller (1849), Il Trovatore (1853), La Traviata (1953), I vespri siciliani (1855), La forza del destino (1862), Don Carlos (1867) in Inszenierungen von Peter Konwitschny, Peter Mussbach, Götz Friedrich, Axel Corti, Stefan Herheim und Hans Neuenfels. Sieben Kapitel: 1. Frauen, die um ihre Männer kämpfen; 2. Das Schicksal wütet; 3. Väter gegen ihre Söhne; 4. Die Soprane; 5. Tod durch den Bass; 6. Mordnacht in Palermo; 7. Große Finali. Gedreht in Zusammenarbeit mit: Städtische Oper Moskau, Staatsoper Under den Linden, Berlin, Oper Leipzig, Hamburgische Staatsoper, Staatsoper Stuttgart, Deutsche Oper Berlin, Oper Frankfurt.

Finsterlinge singen Bass - Mit Jörg Friedrich - Premiere: 14.7.2002, dctp auf SAT 1 - Was unterscheidet Tenöre, Bässe, Soprane, Baritone und Altstimmen im Verhältnis von Gut und Böse? Die Tenorstimme schneidet wie Stahl; sie glänzt. Die Baritone als Väter, Mörder, Kardinäle bieten samtenen Raum. Sopranstimmen können entrückt heiter außerirdisch, Königinnen der Nacht, aber auch Hysterie und Verrücktheit ausdrücken. Die Finsterlinge singen Bass.

Die Stumme von Portici - Mit Christine Schönfeld, Sylvia Ackermann, Uwe Schönfeld - Premiere: 11.05.1998 dctp auf RTL - Die einzige Oper der Welt, die bei ihrer Premiere eine Revolution auslöste, heißt „Die Stumme von Portici“ von Daniel Francois Esprit Auber. Die Zuschauer in Brüssel, empört über ein missbrauchtes junges Mädchen, verließen das Theater, stürmten die öffentlichen Gebäude und riefen die Republik aus.

Tanz auf dem Vulkan - Mit Stephen Hess, Hernan Iturralde, Simone Nold, Sebastian Geyer, Alessandro De Marchi, Juliane Votteler - Premiere: 09.12.2001, dctp auf SAT 1 - Adelige, die das einfache Leben spielerisch üben, werden von einer Revolution überrascht. Jetzt, unter den Bedingungen des Ernstfalls, entwickeln sich die Liebesverhältnisse mit großer Macht. Masaniello Furioso, ein legendärer Volksheld wie Wilhelm Tell, Robin Hood oder Rienzi, ist der Anführer der Fischer-Empörung von 1647 in Neapel. Eine bezaubernde Barock-Oper von Reinhard Keiser (1706) handelt davon.

Die Sintflut - Mit Astrid Ackermann, Sylvia Ackermann - Premiere: 13.12.1999, dctp auf RTL - Wenige Opernfreunde wissen, dass Georges Bizet außer Carmen und Die Perlenfischer eine weitere sehr schöne Oper komponiert hat: Noah, Oper in 5 Akten. Es geht um die Geschehnisse, die der Sintflut direkt vorausgehen und diese auslösen. Der Schwiegervater Bizets, Jaques Fromental Halévy (Die Jüdin, Der Blitz) hatte die Oper angefangen. Bizet erhielt seine Frau nur unter der Bedingung, dass er die Oper zu Ende komponierte.

Deutschland 1990–2008 - Drehbuch und Regie: Alexander Kluge - Kamera: Heribert Kansy, Walter Lennertz, Thomas Willke - Postproduction und Schnitt: Kajetan Forstner, Andreas Kern - Mitarbeit: Astrid und Sylvia Ackermann, Roland Forstner, Michael Geißmayer, Erich Harandt, Alexandra Kluge, Michael Kurz, Digne Meller-Marcovicz, Claudia Toursarkissian, Alexander Weil, Toni Werner, Beata Wiggen - Produktion: Kairos-Film, München

DVD-Authoring: Ralph Schermbach
DVD-Supervision: Stefan Drößler

DVD 1
- RICHARD WAGNER UND DAS RUINENGESETZ IN DER MUSIK 1990–2007, 50 Min.
- „80.000 OPERN!“ 1994–2006, 33 Min.
- „WOVON NICHT SPRECHEN KANN, DAVON MUSS MAN SINGEN“ 1998–2006, 12 Min.
- DER OPERN-ARZT 2007, 24 Min.
- DER KUNST WEIHT’ ICH MEIN LEBEN 2007, 15 Min.
- 12-seitiges Booklet mit Texten von Alexander Kluge

DVD 2
- DAS PHÄNOMEN DER OPER 1998–2007, 22 Min.
- SOPRAN GEGEN BASS 1992–2006, 47 Min.
- FINSTERLINGE SINGEN BASS 2002, 24 Min.
- DIE STUMME VON PORTICI 1998, 14 Min.
- TANZ AUF DEM VULKAN 2001, 10 Min.
- DIE SINTFLUT 1999, 8 Min.
- Kurzgeschichten und ein Buch von Alexander Kluge im ROM-Bereich

TV-Format: 4:3 (PAL)
Originalformat: 1,37:1
Tonformat: Dolby Digital 2.0
Sprache: Deutsch
Untertitel: Englisch, Französisch, Russisch, Spanisch, Portugiesisch, Chinesisch
Regionalcode: 0, alle Regionen
FSK: Infoprogramm


Weitere Bücher von Alexander Kluge
im belleville Verlag:

Das Kraftwerk der Gefühle & Finsterlinge singen Baß

Alexander Kluge
Das Kraftwerk der Gefühle & Finsterlinge singen Baß
Edition Filmmuseum 33
Hrsg.: Filmmuseum München und Goethe-Institut, gefördert von der Kulturstiftung des Bundes
12 Seiten, Doppel-DVD
Laufzeit: 270 Min.
erschienen im Dezember 2008
ISBN 978-3-95860-033-1
€ 21,95