Flashforward

Buch / Regie / Kamera / Schnitt: Eva Meyer / Eran Schaerf
Sound: noto aka Carsten Nicolai (raster-noton)
Mit Elfriede Jelinek, Suchan Kinoshita, Eva Meyer, Hinrich Sachs, Inga Svala Thorsdottir, Laurence Rickels, Mitja Tušek
Redaktion: Herbert Kapfer
Produktion: BR Hörspiel und Medienkunst / intermedium / Haus der Kunst München
Erstaufführung: 07.10.–28.11.2004, intermedium@utopia station, Haus der Kunst München

»Es gibt nicht nur das, was war, sondern auch seine Möglichkeit«: Der Film FLASHFORWARD lädt die anscheinend festgefahrene Gegenwart mit ihren Möglichkeiten auf. Ein mehrstimmiges Voice-Over, das eher als autonomes Hörspiel denn als klassischer Kommentar funktioniert, entwickelt dazu fiktive Szenarien wie das von einem »Sender, der Erinnerungen neu konfiguriert und in Flashforwards konvertiert.« Im klassischen Erzählkino zeigt ein Flashback eine in der Vergangenheit liegende Episode aus der Perspektive einer Filmfigur; oft wird das Gesicht des Schauspielers gezeigt, und dann findet eine Überblendung statt. Ein Flashforward ist dagegen eine Vision der Zukunft, ebenfalls aus subjektiver Sicht, in die Ökonomie der klassischen Filmerzählung jedoch schwieriger zu integrieren als sein Gegenstück. Der Wirklichkeits- und Wahrheitsgehalt von Flashbacks wird nur manchmal – bei so genannten lying flashbacks – problematisiert, während bei Flashforwards prinzipiell unklar ist, welche Bedeutung man dem Gesehenen beimessen soll.

Der Film FLASHFORWARD ist eine Absage an die mit dem Flashback verbundene »Flucht in die Innerlichkeit«; das Versprechen einer möglichen Zukunft kann nur intersubjektiv sein, »zwischen Gedächtnis und Hoffnung« angesiedelt. Etwa als Liebe, oder »Gedächtnis zu zweit«. Man könnte FLASHFORWARD auch als den Versuch werten, die klassische Filmstory überhaupt, die der Paarbildung (boy meets girl), zu politisieren und gegen die Kultur der erinnerten Innerlichkeit zu wenden.

Dazu trägt auch das Fehlen von lippensynchron gesprochenem Text bei. »Überblenden Sie sich mit Rollen«, fordert das mehrstimmige Voice-Over, dessen Sprecher oft mitten im Satz wechseln. Dem Schauspieler wird in FLASHFORWARD der Statist entgegengesetzt: Nicht allzu sehr von festgelegten Rollen belastete ›Statisten der Zeit‹ sind vielleicht am Besten dazu geeignet, einen inneren Monolog zu zerschneiden und ihn – wie es im Film heißt – in ein öffentliches Gespräch zu verwandeln.

Wie um den Bruch mit der Linearität zu betonen, kommen in FLASHFORWARD immer wieder Kreisbewegungen und -formen vor. Eine lange Sequenz zeigt ein von einer kreisenden Kamera aufgenommenes Hörspielstudio; in diesem Studio exerzieren diverse Personen wiederholt einfache Bewegungen und Handlungen durch, doch legt die kreisende Kamera nie die gleiche Szene fest. In der »possibilistischen Logik« von FLASHFORWARD ist jede Wiederholung anders, eine kleine Zeitreise ins Mögliche.

Sven Lütticken

www.intermedium-rec.com



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intermedium 28
Produktion: BR Hörspiel und Medienkunst / intermedium / Haus der Kunst München
4 Seiten, DVD
57 Minuten, DV, Farbe, Stereo
erschienen 2004
ISBN 978-3-943157-56-7
€ 21,90